Statement

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Eine Perspektive von pflegenden Familienmitgliedern bietet Brigitte Bührlen an. Als Vorsitzende der Stiftung WIR! vertritt sie die Interessen pflegender Angehöriger. Sie macht sich persönlich dafür stark, dass Angehörige besser in Planungen einbezogen werden. Sie meint: Das Pflegesystem habe mit gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten, daher brauche es neue Lösungen.

Angehörige sind die tragende Säule der Pflege in Deutschland. Ihrer Bedeutung entsprechend müssten Angehörigeninteressen an allen relevanten Runden Tischen sowie in allen Pflegegremien von einer Angehörigenlobby mit eingebracht und in Pflegeplanungen mit einbezogen werden.

Aktuell ist die Situation pflegender Angehöriger anstrengend, einsam und unbezahlt. Sie ist nicht selten verzweiflungsvoll. Im Wesentlichen wird die Pflege subsidiär, also unentgeltlich „so nebenher“ von Angehörigen erbracht. Die Pflege in Deutschland basiert demnach zu 84 Prozent auf einer freiwilligen Leistung, einem „Liebesdienst“ von Angehörigen.

Rechtlich gründet unser Pflegesystem auf einem Bismarckschen Fundament, das von Vater-Mutter-Kind-Ehen mit Trauschein ausgeht: Die Mutter versorgt Kinder und pflegt unentgeltlich, der Vater kümmert sich um den Lebensunterhalt und die gemeinsame Altersversorgung. An der rechtlichen Grundlage aus dem 19. Jahrhundert hat sich bis zum heutigen Tag wenig verändert.

Signifikant verändert haben sich aber die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Frauen, die pflegen, sind in der Regel gut ausgebildet und berufstätig. Eltern und Kinder wohnen häufig nicht mehr in enger räumlicher Nähe, sondern sind über das Land bzw. den Globus verteilt. Viele Frauen und Männer haben gar keine Kinder. Das Verhältnis zwischen den Generationen ändert sich dramatisch. Immer weniger jüngere Menschen stehen immer mehr älteren Menschen gegenüber.

Mir erscheint es wichtig zu sein, Realitäten wahrzunehmen und schnittstellenübergreifend nach zukunftsweisenden Lösungen zu suchen. Dazu gehören kommunale Pflege- und Versorgungsstrukturen, eine rechtssichere Verankerung des Begriffes "Pflegende Angehörige" sowie eine Tätigkeitsbeschreibung und ein finanzieller Leistungsausgleich für informell Pflegende. Altersarmut darf nicht am Ende von oft jahrelanger Angehörigenpflege stehen.

Eine Perspektive von pflegenden Familienmitgliedern bietet Brigitte Bührlen an. Als Vorsitzende der Stiftung WIR! vertritt sie die Interessen pflegender Angehöriger. Sie macht sich persönlich dafür stark, dass Angehörige besser in Planungen einbezogen werden. Sie meint: Das Pflegesystem habe mit gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten, daher brauche es neue Lösungen.

Der Grundsatz „Reha vor Pflege“ lässt sich als „Schwesterbegriff“ zu „ambulant vor stationär“ einordnen. In dieser Hinsicht geht es bei Rehabilitation und Pflege um verhaltens- und verhältnisbezogene Sorgestrukturen zur Förderung (weitgehend) selbständiger Lebensführung. Rehabilitation ist institutionell in Deutschland sehr heterogen angeordnet. Bei Erwerbstätigen gilt vornehmlich das Prinzip „Reha vor Rente“ (Träger Rentenversicherung). Bei älteren Menschen und mit wachsendem Risiko der Pflegebedürftigkeit gewinnt das Prinzip „Reha vor Pflege“ an Relevanz (Träger Krankenversicherung). Im Bereich der PKV bleibt ein Regelanspruch auf eine Rehabilitation abhängig von der Vertragskonstellation.


Dabei ist Reha als Teil einer „Assistenzlogik“ zu interpretieren, wo die oder der Einzelne in einer Bedarfslage geschult, mit Hilfsmitteln unterstützt und/oder durch personell erbrachte Rehabilitation unterstützt wird. Es geht eher um ein zielführendes, im Idealfall proaktiveres Vorgehen, dass gerade bei Fortschreiten der demographischen Progression nicht nur reaktiv, sondern proaktives Handeln fördert (etwa eingebettet in geriatrische Assessments). Digitalisierungsansätze, sowohl im Sinne einer zielführenden elektronischen Patientenakte als auch im Sinne organisatorischer Modelle der Telerehabilitation, können effektive und effiziente Ansätze sein.

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Angehörige sind die tragende Säule der Pflege in Deutschland. Ihrer Bedeutung entsprechend müssten Angehörigeninteressen an allen relevanten Runden Tischen sowie in allen Pflegegremien von einer Angehörigenlobby mit eingebracht und in Pflegeplanungen mit einbezogen werden.

Aktuell ist die Situation pflegender Angehöriger anstrengend, einsam und unbezahlt. Sie ist nicht selten verzweiflungsvoll. Im Wesentlichen wird die Pflege subsidiär, also unentgeltlich „so nebenher“ von Angehörigen erbracht. Die Pflege in Deutschland basiert demnach zu 84 Prozent auf einer freiwilligen Leistung, einem „Liebesdienst“ von Angehörigen.

Rechtlich gründet unser Pflegesystem auf einem Bismarckschen Fundament, das von Vater-Mutter-Kind-Ehen mit Trauschein ausgeht: Die Mutter versorgt Kinder und pflegt unentgeltlich, der Vater kümmert sich um den Lebensunterhalt und die gemeinsame Altersversorgung. An der rechtlichen Grundlage aus dem 19. Jahrhundert hat sich bis zum heutigen Tag wenig verändert.

Signifikant verändert haben sich aber die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Frauen, die pflegen, sind in der Regel gut ausgebildet und berufstätig. Eltern und Kinder wohnen häufig nicht mehr in enger räumlicher Nähe, sondern sind über das Land bzw. den Globus verteilt. Viele Frauen und Männer haben gar keine Kinder. Das Verhältnis zwischen den Generationen ändert sich dramatisch. Immer weniger jüngere Menschen stehen immer mehr älteren Menschen gegenüber.

Mir erscheint es wichtig zu sein, Realitäten wahrzunehmen und schnittstellenübergreifend nach zukunftsweisenden Lösungen zu suchen. Dazu gehören kommunale Pflege- und Versorgungsstrukturen, eine rechtssichere Verankerung des Begriffes "Pflegende Angehörige" sowie eine Tätigkeitsbeschreibung und ein finanzieller Leistungsausgleich für informell Pflegende. Altersarmut darf nicht am Ende von oft jahrelanger Angehörigenpflege stehen.

Eine Perspektive von pflegenden Familienmitgliedern bietet Brigitte Bührlen an. Als Vorsitzende der Stiftung WIR! vertritt sie die Interessen pflegender Angehöriger. Sie macht sich persönlich dafür stark, dass Angehörige besser in Planungen einbezogen werden. Sie meint: Das Pflegesystem habe mit gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten, daher brauche es neue Lösungen.

Der Grundsatz „Reha vor Pflege“ lässt sich als „Schwesterbegriff“ zu „ambulant vor stationär“ einordnen. In dieser Hinsicht geht es bei Rehabilitation und Pflege um verhaltens- und verhältnisbezogene Sorgestrukturen zur Förderung (weitgehend) selbständiger Lebensführung. Rehabilitation ist institutionell in Deutschland sehr heterogen angeordnet. Bei Erwerbstätigen gilt vornehmlich das Prinzip „Reha vor Rente“ (Träger Rentenversicherung). Bei älteren Menschen und mit wachsendem Risiko der Pflegebedürftigkeit gewinnt das Prinzip „Reha vor Pflege“ an Relevanz (Träger Krankenversicherung). Im Bereich der PKV bleibt ein Regelanspruch auf eine Rehabilitation abhängig von der Vertragskonstellation.


Dabei ist Reha als Teil einer „Assistenzlogik“ zu interpretieren, wo die oder der Einzelne in einer Bedarfslage geschult, mit Hilfsmitteln unterstützt und/oder durch personell erbrachte Rehabilitation unterstützt wird. Es geht eher um ein zielführendes, im Idealfall proaktiveres Vorgehen, dass gerade bei Fortschreiten der demographischen Progression nicht nur reaktiv, sondern proaktives Handeln fördert (etwa eingebettet in geriatrische Assessments). Digitalisierungsansätze, sowohl im Sinne einer zielführenden elektronischen Patientenakte als auch im Sinne organisatorischer Modelle der Telerehabilitation, können effektive und effiziente Ansätze sein.

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